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Auch nach dem Verkauf wird schick verpackt

Vilshofener Donaudruck GmbH neuer Besitzer der Scherl GmbH –
Im ältesten Deggendorfer Betrieb war sogar der Prinz von Marokko schon Kunde

Von Michaela Arbinger, Deggendorfer Zeitung

Deggendorf. Eine Arbeit für den Prinzen von Marokko war der ungewöhnlichste Auftrag, den die Franz-Xaver Scherl GmbH in den vergangenen Jahren erledigt hat: eine hochwertige Verpackung für eine Sonderbriefmarke. Gefertigt aus Papier in Velourslederoptik und mit edler Goldschrift. Die Firma im Westlichen Stadtgraben – 1835 gegründet – ist der älteste Betrieb Deggendorfs. Noch laufen die Maschinen, doch das Unternehmen wurde schon vor einigen Monaten an die Vilshofener Donaudruck GmbH verkauft. Hans und Gabi Scherl haben sich aus Altersgründen zu diesem Schritt entschieden. „Wir haben mit der Donaudruck GmbH einen leistungsstarken Partner gefunden, der unseren Betrieb ganz in unserem Sinn fortführen wird“, ist der 65-jährige Hans Scherl erleichtert. Seiner Frau und ihm war es wichtig, dass ihre langjährigen Mitarbeiter übernommen werden. Einer arbeitet schon in Vilshofen, drei weitere – Drucker, Stanzer und Papierschneider – sind noch in Deggendorf im Geschirr. Und auch nach der Übernahme wird der Name Scherl bleiben und durch den neuen Slogan „Scherl – schicke Verpackung!“ repräsentiert. Zuletzt erzielte das Unternehmen einen Umsatz von knapp unter einer Million Euro. Die Scherls gehören zu den ältesten Deggendorfer Unternehmerfamilien. Die Firma wurde 1835 als Seifensiederei in der heutigen Bahnhofstraße neben dem Krauth-Haus gegründet. Im Gebäude wurde die Seife gesotten und gegenüber im Freien getrocknet. Als sich Nachbarn wiederholt wegen des strengen Geruchs beschwerten, wurde der Betrieb 1840 an den damaligen Stadtrand verlegt – in den Westlichen Stadtgraben. Seifenfabrikanten sind Hans und Gabi Scherl schon lange keine mehr. Hans Scherls Vater hat die Siederei zwar auch nach dem Krieg weiter betrieben, doch weil damals alle großen Firmen im Ruhrgebiet angesiedelt waren, war das Geschäft nicht mehr besonders lukrativ. „Er stellte auf bemalte Seifenfiguren um“, blickt Hans Scherl in die Firmengeschichte zurück. Und die mussten verpackt werden, um den langen Weg zu den Hauptkunden nach Amerika, Kanada und Australien zu überstehen, bei denen unter anderem das „Bavarian Couple“ oder die „Venus“ besonders beliebt waren. Damit war als weiteres Standbein der Bereich Verpackungen geboren. Das Geschäft mit Übersee lief gut. So gut, dass bis zu 40 Mitarbeiter im Westlichen Stadtgraben beschäftigt waren. Doch mit dem fallenden Dollarkurs verschwanden die Seifenfiguren; das Unternehmen spezialisierte sich auf Verpackungen. Das blieb auch so, als Hans Scherl 1974 nach dem Tod seines Vater den Betrieb übernahm. Wer sich in den Räumen umschaut, entdeckt auf Schachteln, Aufstellern, Buchschubern, Verkaufsschütten oder Dosen viele bekannte Logos: Eilles Tee, Mexx, AEG und sogar den BVB, aber auch lokale Namen wie Dalton oder Markmiller. Mit der Hälfte der Kunden wird direkt verhandelt: „Sie haben ein Produkt und wir entwickeln Verpackungs- oder Präsentationsmöglichkeiten“, erklärt Gabi Scherl. Andere kommen bereits mit Konzepten. Drucken, Stanzen, Kleben – die Scherls erledigen alle Arbeitsschritte vom Muster bis zur fertigen Verpackung. Doch wer braucht denn eigentlich eine Verpackung? Die Kar-tons wandern daheim doch sofort in die Papiertonne? „Das ist eine Imagesache“, widerspricht Hans Scherl. „Vor allem im Kosmetikbereich steht eine hochwertige Verpackung auch für ein hochwertiges Produkt. Der Kunde denkt: Wenn eine Schachtel hochwertig ist, muss auch der Inhalt stimmen.“ Die Hauptabnehmer sitzen in Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz. Konkurrenz aus Billigländern mussten die Scherls nie fürchten: „Das hat uns nicht betroffen. Wir liefern ein Nischenprodukt und keine Massenverpackung.“ Hans und Gabi Scherl sind froh über die Übernahme durch die Vilshofener Donaudruck GmbH: „Wir hätten hier am Standort investieren oder die Produktion auslagern müssen.“ Einen Teil der Maschinen – unter anderem drei wunderbare Heidelberger Zylinder aus den 50er/60er Jahren – hat die Donaudruck GmbH übernommen, für den Rest wurden Käufer gefunden. Donaudruck-Geschäftsführer Tobias Semmler betont, man habe mit der Übernahme das Verpackungssegment weiter ausgebaut und damit den Fortbestand des traditionsreichen Deggendorfer Industriebetriebs gesichert. Nach wie vor sei die Nachfrage nach Verpackungen im kleinen bis mittleren Auflagenbereich groß. „Vor allem das Interesse an individuellen Verpackungen wächst“, hat Semmler festgestellt. „Wir haben deshalb unser Leistungsspektrum abgerundet und zugleich in Design und neueste Stanztechnologie investiert.“ Der Name Scherl sei ein eingeführtes Markenzeichen und mit einem Büro wolle man künftig auch dem Standort Deggendorf weiterhin treu bleiben.